Irritationen zum Verfahren der Gemeindegebietsreform in Milow

...  Petke äußerte sich im Verlauf der Debatte zur Auslegung eines Punktes der Leitlinien vage: Wie strikt die Grenze von „dauerhaft 5000 Einwohnern“ für den Erhalt von Ämtern zu fassen sei, müsse noch politisch entschieden werden. „Hier müssen wir nacharbeiten“, so Petke wörtlich.

Vor der Verabschiedung der Leitlinien durch den Landtag im Juli und vor dem kürzlich von  den Landtags-Koalitionsfraktionen SPD und CDU erarbeiteten Kompromiss für einen Gesetzentwurf zur Gemeindegebietsreform gewinnt diese Aussage Petkes an Brisanz. „Wenn es einerseits vom Innenministerium klare, an den Leitlinien orientierte regionale Vorstellungen gibt, und andererseits der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion einen wesentlichen Punkt der Leitlinien für „nacharbeitungswürdig“ hält, dann muss bis zu einer klärenden Aussage des Innenministers die Diskussion und meine Moderation ausgesetzt werden“, so Landrat Dr. Schröder.

Die Position des Innenministeriums wurden in Milow von Referatsleiter Dr. Markus Grünewald und Petra Ketzer, Gebietskoordinatorin für das Havelland, vertreten. Durch dienstlich bedingte Abwesenheit des Landrates nahm sein Stellvertreter Burkhard Exner die Moderation wahr.

Die Vorstellungen des Ministeriums zur Bildung einer amtsfreien Gemeinde wurden von einigen Gemeinden unterstützt, stießen aber bei vielen auf heftigen Widerstand. Großwudicke etwa würde, wenn es nur noch eine amtsfreie Gemeinde im jetzigen Amtsbereich geben könne, eher zur Stadt Rathenow wechseln, sagte Bürgermeister Schnelle. Während sich die Zollchower und Vieritzer durchaus eine amtsfreie Gemeinde vorstellen könnten und die Vorteile einer einheitlichen Verwaltung für die Gestaltungskraft und die Finanzlage hervorhoben, beharrten andere Vertreter auf dem bestehenden Amtsmodell, das nach Aussage der Innenministeriumsvertreter nach den vom Kabinett und Landtag verabschiedeten Leitlinien nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Auch die geplanten Zusammenschlüsse einiger Gemeinden innerhalb des Amtes sind nach den Leitlinien nicht genehmigungsfähig.

Dreh- und Angelpunkt der streckenweise sehr emotional geführten Debatte waren immer wieder die Bevölkerungszahlen des Amtes und die weitere Bevölkerungsentwicklung. Als Grenze für das weitere Bestehen von Ämtern gilt die dauerhafte Bevölkerungszahl von 5000.Das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) sagte in einer Prognose aus dem Jahr 1997 für die Gemeinden im Amt eine steigende Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2000 voraus, danach - so das Landesamt - werde aufgrund der Altersverteilung in der Bevölkerung der Sterbeüberschuss weiter ansteigen und auch durch Zuzüge nicht mehr kompensiert werden können. Das LDS kam in seiner Prognose zu Zahlen, die noch deutlich über der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung liegen: Für das Jahr 2000 wurde ein Anstieg der Bevölkerung auf 5300 Einwohner vorhergesagt; tatsächlich sind es nur rund 5100. Bei einer für dieses Jahr vorgesehenen Neuberechnung ist daher zu erwarten, dass die Grenze von 5000 Einwohnern auch schon früher unterschritten wird, als dies 1997 vorrausgesagt wurde.

Die Gegner einer amtsfreien Gemeinde verwiesen auf den bisherigen leichten Bevölkerungszuwachs im Amt und wollten sich von den Aussagen der Statistiker zur allgemeinen Bevölkerungsentwicklung und dem Verhältnis von Geburten- und Sterbeziffern nicht überzeugen lassen. „Prognosen haben schon so oft daneben gelegen“, so unter anderem

der Milower Bürgermeister Gieseler und eine Vertreterin der Gemeinde Möthlitz.

Der Landtagsabgeordnete Petke zeigte sich von dem Widerstand einiger Bürgermeister beeindruckt. Er wolle, so versprach er den Gegnern einer amtsfreien Gemeinde, die Frage, wie strikt die Grenze von 5000 Einwohner zu fordern sei, mitnehmen nach Potsdam. Innerhalb der nächsten Wochen sei hier mit einer Entscheidung zu rechnen, er bitte die Anwesenden „um etwas Geduld“. Auf einen konkreten Termin wollte sich der Landtagsabgeordnete trotz mehrfacher Nachfrage von Bürgermeister Matthews aus Nitzahn jedoch nicht festlegen. Landrat und Beigeordneter Exner werden sich jetzt, um diese Frage zu klären, direkt an Minister Schönbohm wenden.