14.06.2001 - Konferenz „Ausbildungsqualität und –disziplin“ mit Partnern aus Verwaltung, Bildung und Handwerk Zusammenarbeit zwischen
Oberstufenzentrum (OSZ) und Ausbildungsbetrieben ist sehr gut geworden/ Schulen der Sekundarstufe 1 haben wenig Interesse an Kooperation Im Anschluss an die offizielle Einweihung des OSZ Havelland Ende Mai hatte Landrat Dr.
Burkhard Schröder zur 3. Konferenz „Ausbildungsqualität und –disziplin“ geladen. Fragen nach Unterrichts- und Leistungsqualität sowie der Zusammenarbeit von Schulen, Oberstufenzentrum und Ausbildungsbetrieben standen dabei im
Mittelpunkt. Der Anlass war gut gewählt, denn schließlich, so der Landrat einleitend, „wollten wir nicht nur eine schöne Schule bauen, sondern auch für qualitativ hochwertige Ausbildung an dieser Schule sorgen.“ Diesem Ziel
fühlen sich alle bei der Beratung Anwesenden verpflichtet. Dazu zählten neben Landrat Dr. Schröder und Dezernent Kieber Mitarbeiter der Verwaltung, OSZ-Schulleiter Dieter Habermann sowie die Lehrausbilder Dr. Hidde und Frau
Niendorf, Kreishandwerks-meister Heinz Ziesecke, Innungsobermeister KFZ Manfred Arnhölter, Manfred Poklitar von der Kreishandwerkerschaft (KHW) Osthavelland, Ingrid Lache von der KHW Westhavelland, Frau Gatzky von der
Handwerkskammer Potsdam sowie Kreisschulrat Dr. Rericha. Die Priorität der Beratung lag auf Handlungsschwerpunkten, die auf der letzten Konferenz vor einem Jahr benannt worden waren:
Was Motivation zur und Qualität in der theoretischen Ausbildung angeht, konnten Schulleiter Habermann und seine Lehrkräfte von guten Erfahrungen berichten: Das Prinzip ‚Fach-unterricht von Fachleuten’ ist im OSZ Standard und
wird von den Schülern honoriert. Alle Lehrkräfte sind Gastmitglieder in den jeweiligen Innungen und so immer in aktuelle fachliche und praktische Fragen involviert. Die von den Auszubildenden angefertigten Gesellenstücke verstauben
nicht, sondern werden als Lehr- und Lernmittel eingesetzt. Dr. Hidde betonte, dass die klassische Trennung von Schule/theoretischer Ausbildung und Betrieb/Praxis nicht mehr existiere: „Lernen muss immer auch praktisch sein und
unmittelbar umgesetzt werden können!“ Für dieses anwendungsorientierte Lernen bietet das neue OSZ mit seinen technischen Fachlabors ideale Bedingungen. Dass der Abstand zwischen Theorie und Praxis nicht zu groß wird, dafür sorgt
auch eine andere Maßnahme: Alle Klassenarbeiten der Azubis werden von den Ausbildern im Betrieb mitgezeichnet. Diese neue Praxis stößt auf positive Resonanz bei den Meistern, berichtete Dr. Hidde. Frau Niendorf gab einige Beispiele
für Lernanreize: Fachschauen wie die Sonderaus-stellungen im Rahmen der „Grünen Woche“ vermitteln Schülern Wissen einmal auf andere Art; die technischen Anlagen im Hause selbst, etwa die Heizungsinstallation, fördern das Fachwissen
der Schüler, und auch das Internet biete eine Fülle von Fachinfos „außer der Reihe“. Zu mehr Disziplin tragen im OSZ eine Reihe von Hausregelungen bei: Krankschreibungen werden in Kopie vorgelegt. Die Schüler werden zu Beginn
der Ausbildungszeit über alle Rechte und Pflichten genau aufgeklärt. Es gibt einen Verhaltenskodex für Lehrer und Schüler. Auf die erzieherische Wirkung von Exkursionen zu Gerichtsverhandlungen wird ebenso gebaut wie auf
Information an den Betrieb bei Verfehlungen. Vandalismus etwa ist im OSZ kein großes Problem, dank konsequenter Aufsicht und persönlichen Beziehungen. Abschließend kritisierte Dr. Hidde einen Zustand, der für Azubis nicht gerade
leistungsmotivierend sei: Die Schulnoten der theoretischen Ausbildung spielen bis dato weder bei der Zwischenprüfung noch bei der Gesellenprüfung eine Rolle. Der vom OSZ geschilderten positiven Einschätzung der Situation konnten
sich die Vertreter des Handwerks nur anschließen. „Wir haben im letzten Jahr wirklich einen Qualitätssprung in der Zusammenarbeit gemacht“, unterstrich Manfred Poklitar. Die engere Verzahnung von Theorie und Praxis; der regelmäßige
Austausch zwischen theoretischen und praktischen Ausbildern habe sich sehr bewährt. Dem stimmte Kreishandwerksmeister Ziesecke zu, „auch aus ganz persönlicher Erfahrung“, wie er betonte. Ziesecke stellte außerdem die
Prüfungsergebnisse der einzelnen Gewerke im vergangenen Jahr vor. „82 Prozent aller Azubis haben ihre Gesellenprüfung bestanden, und das mit etlichen guten und sehr guten Leistungen“, führte er aus. Das sei auch ein
deutliches Indiz für eine qualitativ hochwertige theoretische Ausbildung. So deutlich, wie die engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Säulen des dualen Systems - Oberstufenzentrum und Handwerksbetriebe – gelobt wurde, so
klar wurde jedoch auch der Dritte im Bunde, die Schulen der Sekundarstufe 1, kritisiert. „Die Rückkopplung zwischen Sekundarstufe 1 und Ausbildung ist nicht da“, stellte Frau Niendorf nüchtern fest. Gesprächsangebote, Tage
der offenen Tür, Einladungen an Lehrer für Arbeitslehre erfahren äußerst geringe Resonanz. „Dabei müsste man gerade in diesem Fach Probleme und Herausforderungen der modernen Berufswelt behandeln.“ Das OSZ sei für jeden
Erfahrungsaustausch offen; nur angenommen werde das nie. Heinz Ziesecke verwies auf ähnliche Erfahrungen: „Jedes Jahr laden wir zur Handwerkermesse Schulen und Lehrer ein, weisen auf unsere Informationsangebote hin, gerade was die
Ausbildung betrifft - Resultat ist fast ausnahmslos Desinteresse.“ Das mangelnde Engagement einiger Lehrer ist jedoch nur ein Problem, mit dem die Ausbilder zu kämpfen haben. Das andere ist die mangelhafte Bildung, mit der
etliche Schüler an’s OSZ kommen. „Wir müssen häufig ein halbes Jahr einplanen, um Schulkenntnisse in Mathematik, Physik und sogar Sprache zu vermitteln, auf denen wir eigentlich aufbauen wollten“, so die Ausbilderin. Dazu wird am
OSZ auch Förderunterricht angeboten. Die geäußerte Kritik an Schulen der Sekundarstufe 1 war deutlich auch an Kreisschulrat Rericha gerichtet – Engagement könne man zwar nicht anweisen, aber versuchen zu fördern. Abschließend
sprach Manfred Poklitar noch ein drängendes Problem der Zukunft an – die kommende Auswirkung des Geburtenknicks auf die Schülerzahlen und die daraus folgende befürchtete Konzentration von Ausbildungsstandorten landesw eit. „Wir
wollen und müssen alle Ausbildungsberufe, die wir jetzt am OSZ haben, im Kreis halten!“, so Poklitars Forderung an den Landkreis. Damit stieß er bei Landrat Dr. Burkhard Schröder auf offene Ohren. Doch die Probleme, die dabei zu
lösen sind, benannte Schröder auch gleich: „Um die Verteilung der zukünftigen OSZ-Standorte unter neuen Bedingungen wird mit harten Bandagen gekämpft werden“, so der Landrat. „Da ist ganz intensive Lobbyarbeit nötig, um ein großes
Stück vom Kuchen abzubekommen.“ |