16.02.2001 - Drei neue Sozialarbeiter stehen Spätaussiedlern zur Seite Der Landkreis Havelland geht neue Wege bei der Betreuung von Spätaussiedlern: Zum 1. Februar wurden drei Arbeitsverträge für feste Stellen unterzeichnet, die vom Landkreis finanziert werden
und bei der Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsgesellschaft Rathenow (AQG) angesiedelt sind. Die AQG hatte sich im vergangenen Jahr in einer öffentlichen Ausschreibung mit ihrem Konzept durchgesetzt. Zwei Frauen
und ein Mann können sich jetzt sicher und dauerhaft den Problemen von Spätaussiedlern widmen. Dazu gehört, dass sie sie bei der Ankunft betreuen, bei Behörden-gängen begleiten, über Kinderbetreuung und Freizeitgestaltung
informieren, bei der schulischen und beruflichen Eingliederung zur Seite stehen und auch für viele andere Probleme ein offenes Ohr haben. Bei der Suche von Erstwohnungen und ihrer Herrichtung arbeiten sie ebenfalls mit.
„Dass es Ansprechpartner und Anlaufstellen für Spätaussiedler gibt, ist natürlich nichts Neues“, erklärt Jan Döbel vom Sozialamt. Neu ist jedoch, dass es feste Stellen beim Kreis für die ambulante Betreuung von Aussiedlern
gibt. Bislang wurde diese Aufgabe vor allem von ABM- und SAM-Angestellten sowie Ehrenamtlichen bei Trägern der freien Wohlfahrt und Vereinen wahrgenommen – von Diakonie, Arbeiter-Samariter-Bund, AQG, Westhavel-ländischem
Familienverband, Berlin-Brandenburgischer Auslandsgesellschaft (BBAG) und anderen. „Auf all die engagierten Menschen kann natürlich auch weiterhin niemand verzichten“, so Jan Döbel. „Trotzdem sind wir sehr froh, dass wir neben
den zeitlich begrenzten ABM- und SAM-Stellen jetzt ein sicheres Standbein für die Betreuung schaffen konnten.“ Finanziell abgesichert ist dieses „Standbein“ durch die Pauschalzuweisungen des Landes. Der Landkreis, der
Aufgabenträger für die Aufnahme von Spätaussiedlern ist, erhält für jeden ihm zugewiesenen Aussiedler einen „einmaligen Erstattungsbeitrag“, in dem anteilig auch Geld für Betreuung enthalten ist. Aus diesem Topf werden die
Personalkosten für die drei Stellen bezahlt; für den Kreis entstehen keine zusätzlichen Kosten. Möglich wurde das durch ein neues Konzept: Weg von der Heimunterbringung, hin zu Wohnungen. Von ursprünglich sechs Heimen unterhält
der Landkreis noch zwei, und, wenn möglich, sollte auch auf diese irgendwann verzichtet werden. „Die Gemeinschaftsunterkünfte fördern die Selbständigkeit der Menschen nicht gerade; auch die deutsche Sprache wird kaum trainiert.
Isolation und mangelnde Integration sind die Folge“, erläutert Jan Döbel. Um so erfreulicher ist es, dass von den 229 Spätaussiedlern, die im vergangenen Jahr von der Landesaufnahmestelle Peitz in das Havelland kamen, 101 direkt in
eigene Wohnungen ziehen konnten. Als Ansprechpartner werden deshalb die ambulanten Betreuer dringend benötigt. Auch die Direktunterbringung in Wohnungen löst jedoch natürlich nicht alle Probleme. Das Angebot an sozialem Wohnraum
etwa ist im Westhavelland ungleich größer als im Berlin-nahen Raum, deshalb ziehen viele der „Neuankömmlinge“ erst einmal nach Rathenow. Eine gleichmäßigere Verteilung im gesamten Kreis bleibt daher ein wichtiges Ziel. „Eine
möglichst schnelle Integration der Spätaussiedler in ihre neue Umgebung ist der Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen“, betont Sozialamtsleiterin Elke Müller. Deshalb haben sich das Sozialamt und die freien Träger daran gemacht,
die Angebote für die 2000 Spätaussiedler, die seit 1991 ins Havelland kamen, zu bündeln. Alle Beteiligten haben drei Arbeitsgruppen gegründet, die sich Themenschwerpunkten widmen: „Sprache, Beruf, Arbeit“ wird von der Ländlichen
Erwachsenenbildung (LEB) betreut, „Politische Bildung, Kultur, Selbsthilfegruppen“ von der Diakonie und „Schule, Schulsozialarbeit, Jugendarbeit“ von der BBAG. So sollen die vorhandenen Kräfte konzentriert werden. Für die Zukunft
hofft Elke Müller, dass man sich auch den Selbsthilfegedanken noch mehr zu nutze machen kann. Aussiedler, die gut Deutsch sprechen und schon ‚angekommen’ sind, könnten als „Eingliederungslotsen“, vielleicht nach dem Modell „Arbeit
statt Sozialhilfe“, anderen zur Seite stehen. Bei der Besetzung der drei festen Stellen hat man die Idee schon berücksichtigt - eine der jetzt angestellten Frauen ist selbst Spätaussiedlerin. Das liegt auch nahe. Denn wer könnte
sich besser in deren Sorgen hineinversetzen? |