Abschaffung der Jagdsteuer

30.03.2004 - Leserbrief - Abschaffung der Jagdsteuer durch Beschluss des Kreistages vom 29.03.2004

Nun hat der Kreistag mit der Mehrheit aus CDU, PDS und Bauernpartei die Jagdsteuer im Landkreis Havelland abgeschafft. Recht so! Wer zahlt schon gerne Steuern? Zur Begründung wird angeführt, die Jagdsteuer sei ungerecht, da die Jäger als Umweltschützer und Ordnungshüter eine Aufgabe für die Allgemeinheit wahrnehmen würden und dafür nicht mit einer Steuer bestraft werden dürften. Und wir anderen Bürgerinnen und Bürger fordern jetzt auch die Abschaffung der Lohn- und Einkommen-, der Gewerbe-, der Umsatz-, der Öko-, der Körperschafts-, der Tabaksteuer usw.,  da wir sie für ungerecht halten!
Der Kreistag setzt finanzpolitisch ein vollkommen falsches Signal. Auf der einen Seite fordern die Abgeordneten nicht nur im sozialen Bereich die Aufrechterhaltung der Finanzierung freiwilliger Aufgaben durch den Landkreis. Auch im Bereich der Landwirtschaft gibt der Landkreis Zuschüsse für Trophäenschauen, für Hege- und biotopverbessernde Maßnahmen in den Jagdbezirken (Duftzäune, Wildspiegel), für das Tierheim Rathenow, für Zuchtverbände und Vereine im ländlichen Raum und für die Sanierung von Schöpfwerken. Aber wenn es darum geht, die einzige Steuer des Landkreises als Einnahmequelle zu erhalten, dann kneifen die Abgeordneten und unterwerfen sich der Meinung vor allem der Kreis-CDU, die in ihrem Wahlprogramm ohne jeden Haushaltsbezug plakativ formuliert hat: „Wir schaffen die Jagdsteuer ab!“.
Interessant ist nur, dass das CDU-geführte Innenministerium des Landes ganz anders argumentiert. Im Entwurf des Finanzausgleichsgesetzes, das eine auskömmliche Finanzierung der kommunalen Ebene ab 2005 sicherstellen soll,  heißt es, dass die Landkreise durch die Absenkung der Ausgleichsquote stimuliert werden sollen, ihre eigenen Einnahmen zu erhöhen. Und auch bezüglich der Abschaffung der Jagdsteuer hat Minister Schönbohm persönlich den Jagdverbänden erst kürzlich mitgeteilt, dass der Kreistag zwar frei über die Jagdsteuer entscheiden könne, aber eine Abschaffung dann unzulässig sei, wenn der Landkreis ein Haushaltssicherungskonzept habe. Offensichtlich spricht man sich da parteiintern nicht ab. Und der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dieter Dombrowski, ist sich für sein Parteiprogramm nicht zu schade, mit Halbwahrheiten zur Haushaltsfinanzierung um sich zu werfen. Denn angeblich würde ja der Landkreis durch den Landesnachtragshaushalt jetzt 872.295.00 EUR mehr bekommen. Dieses Geld könne er zum Ausgleich des durch die Jagdsteuerabschaffung ausfallenden Einnahmen heranziehen.
Welch unverschämte Argumentation. Wahr ist, dass das Land seit Jahren die Schlüsselzuweisungen an die Landkreise zurückfährt. Seit 2000 sind die Ausgaben des Landkreises um 19,5 Mio EUR gestiegen, während im gleichen Zeitraum die Schlüsselzuweisungen um 1,5 Mio EUR zurückgegangen sind. Für 2004 macht der Landkreis neue Schulden in Höhe von 9 Mio EUR! Wenn es jetzt mit dem Landesnachtragshaushalt mehr Geld gibt, dann ist es der kommunalen Ebene zuvor vorenthalten, wenn nicht gar weggenommen worden. Und welch ungeahnte mathematische Fähigkeiten offenbart Herr Dombrowski. Für mich sind 9 Mio EUR Schulden, die durch 873.295 EUR abgefedert werden, immer noch Schulden, oder ergibt Minus plus Minus (durch die Mindereinnahmen bei der Jagdsteuer) jetzt ein Guthaben? Aber Herr Dombrowski zieht je bereits ein neues Zauberargument aus dem Topf: Die Personalkosten des Landkreises seien zu hoch. Abgesehen davon, dass ein landesweiter Vergleich der Personalkosten genau das Gegenteil beweist – 2002 lag der Landkreis mit 194,08 EUR je Einwohner auf dem fünftbesten Landesplatz -, haben die Beschäftigten der Kreisverwaltung seit 1994 als erste und lange Zeit als einzige unter den Kreisen in Brandenburg durch reduzierte Arbeitszeit und Lohnverzicht einen beachtenswerten Solidarbeitrag geleistet. Auf die dahinter stehende Kaufkraft und damit Arbeit und Brot für Handelsbetriebe und kleine Gewerbetreibende möchte ich nicht weiter eingehen.
Die Kreistagsmehrheit kann sicher sein, dass der kommunale Raum für das finanzpolitisch falsche Signal des Kreistags kein Verständnis aufbringt. Im Gegenteil: Die Bürgermeister und Amtsdirektoren haben anlässlich der Anhörung zur Haushaltssatzung 2004 deutlich gemacht, dass sie jede Steuereinnahme des Kreises vor einer Erhöhung der Kreisumlage vorziehen.
Leider hat der Kreistag sich nicht gleichzeitig bereit erklärt Finanzverantwortung zu übernehmen für die Streichung der Ausgaben, die durch den Wegfall der Jagdsteuer nun zwangsläufig erfolgen muss. Der CDU – Vorschlag, alles zu streichen, was mit der Jagdabgabe finanziert worden sei, ist Unsinn. Steuereinnahmen sind nie zweckgebunden und dienen ausschließlich der Gesamtdeckung des Haushalts. Also muss der Kreiskämmerer jetzt die Verantwortung übernehmen und darf sich Gedanken  machen, was denn nun an anderer Stelle gestrichen werden muss. Werden es die Weihnachtszuwendungen für Heimkinder sein oder die Sanierung der Schöpfwerke? Sollen die ohnehin knappen Mittel für Sozialhilfeempfänger und junge Menschen noch weiter gedrückt werden? Der Kämmerer bedankt sich beim Kreistag für seine geniale Idee, die Jagdsteuer abzuschaffen.

L ö w e