08.09.2005 -
Missbrauch bei Hartz IV? - Fachaufsicht und ILZ prüfen Verdachtsfälle vor Ort Die Auswirkungen der HartzIV-Gesetzgebung für die einzelnen Betroffenen sowie
Härten im Einzelfall sind regelmäßig Thema der öffentlichen Debatte. Dass es jedoch auch eine Kehrseite der Problematik gibt, ist allgemein wenig bekannt. Aufgrund etlicher Verdachtsfälle auf Missbrauch staatlicher Leistungen
überprüft die Sozialfachaufsicht des Landkreises und das ILZ in einem kleinen Team seit August verstärkt Angaben vor Ort. Schwerpunkt dabei sind fragwürdige Angaben zu eheähnlichen Gemeinschaften, fragwürdige Anträge auf
einmalige Leistungen, Untervermietungen in Eigenheimen sowie Schenkungen an Hilfeempfänger, die de facto zu Belastungen der Beschenkten führen. Ein Beispiel: Eltern, die keine Leistungen nach HartzIV erhalten, haben ihrem Sohn,
der ArbeitslosengeldII-Empfänger ist, das Wohnhaus mit allen Rechten und Pflichten überschrieben; sie selbst wohnen darin mietfrei. Die erhebliche Zinsbelastung des gemeinsam bewohnten Hauses macht der Sohn nun als Kosten der
Unterkunft geltend. Auch Untermietsverhältnisse werden zumindest dann fraglich, wenn die Summe der einzeln vermieteten Flächen die Gesamtfläche des Hauses überschreitet: So geschehen bei einem Haus mit Wohnfläche von 102
Quadratmetern. Neben der Besitzerin, der Großmutter, wohnen dort Eltern, Enkelsohn und Freundin, die alle Arbeitslosengeld II beziehen. Die Eltern beanspruchen laut Antragsunterlagen für Kosten der Unterkunft 48 Quadratmeter, der
Enkelsohn 37 Quadratmeter, die Freundin 30 Quadratmeter, und auch die Großmutter selbst wohnt dort. Mathematisch gesehen unmöglich; praktisch aber beantragt. Wenn die Beteiligten unterschiedliche Namen haben wie in diesem Fall,
fällt ein Nachvollziehen solcher „Fakten“ allein nach Aktenlage sehr schwer. Darüber hinaus gab es Fälle, bei denen einmalige Beihilfen gezahlt wurden, zum Beispiel Erstausstattung von Wohnungen – bei der Kontrolle
stellte sich heraus, dass die Wohnung komplett ausgestattet war. „Uns ist sehr daran gelegen, solche Betrugsfälle aufzudecken und zu ahnden“, sagt Sozialdezernentin Margarethe von Fintel. „Auch wenn es nur eine Minderheit ist –
jeder Fall ist einer zu viel. Letztlich bezahlt jeder ehrliche Bürger solche Unehrlichkeiten mit.“ Ca. 60 starke Verdachtsfälle werden bis Ende September geprüft. Dann wird ein Zwischenbericht darüber vorgelegt. Die
Sozialfachaufsicht weist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Mitwirkungspflicht von Beziehern staatlicher Leistungen hin – die Verweigerung von Mitwirkung kann eine Leistungskürzung bzw. –Streichung zur Folge haben. |