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Havelland gewinnt Rechtsstreit mit dem Land vor dem Verfassungsgericht

Land muss Kosten für Heimunterbringung anteilig übernehmen

Pressemitteilung 41/08

Land muss Kosten für Heimunterbringung anteilig übernehmen

 

Der erste Satz in der Entscheidung des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg ließ noch Schlimmes befürchten. Die kommunale Verfassungsbeschwerde, die die Landkreise Havelland und Uckermark gegen Regelungen des Gesetzes zur Ausführung des § 100 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-BSHG/SGB XII) eingereicht hatten, würde abgewiesen, hieß es da. Doch die folgenden Ausführungen schafften Klarheit: Die Verfassungsbeschwerde sei unnötig, da die im Gesetz getroffenen Regelungen eindeutig seien - das Land muss sich an den Kosten zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für stationär Untergebrachte in vollem Umfang beteiligen. "Das ist eine sehr gute Nachricht, die die Rechtsauffassung der Kreise in beeindruckender Weise bestätigt und für unseren Haushalt eine wichtige Entlastung bedeutet", freute sich Sozialdezernentin Margarete von Fintel, die das Verfahren in Potsdam verfolgte.

Im Jahre 2003 wurde das Gesetz zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verabschiedet. Rund 350 Senioren mit niedrigem Einkommen sowie Personen mit voller Erwerbsminderung innerhalb von Einrichtungen im Havelland sind von dieser Grundsicherung betroffen. 2005 wurde das Gesetz dann in das SGB XII eingefügt. Nach dieser Einfügung in das Bundesgesetz SGB XII sah sich das Land Brandenburg nun aus der Pflicht genommen und zahlte für 2005 und 2006 seinen Anteil an den Kosten nicht mehr. Bereits im November 2005 hatte daher der Kreistag Havelland die Einreichung einer Verfassungsbeschwerde gebilligt, am 30. Dezember 2005 war die Beschwerde per Kurier beim Verfassungsgericht eingereicht worden.

Das Verfassungsgericht erkannte den Landkreisen jedoch einen Anspruch auf vollständige Kostenerstattung zu, der so im Ausführungsgesetz zum SGB XII auch geregelt sei. Diese Verantwortung, so die Richter, obliege weiterhin dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, also dem Land. Auch wenn das Ausführungsgesetz für diesen Fall keine konkrete Verfahrensweise vorsieht, ist bei einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes kein anderes Ergebnis möglich.

Für den Landkreis Havelland bedeutet das jetzt eine zu erwartende Nachzahlung für die ausstehende Grundsicherung. Die Summe beläuft sich laut Sozialamtsleiterin Elke Müller auf etwa 1,1 Millionen Euro für 2005 und etwa 1,2 Millionen Euro für 2006. Zur Deckung dieser Summe war seinerzeit die Deponierücklage des Landkreises angegriffen worden; nunmehr kann die Rücklage wieder aufgefüllt werden. Wann das Land die Nachzahlung leistet, steht allerdings noch nicht fest.

Das Urteil des Verfassungsgerichtes hat möglicherweise auch eine Auswirkung auf nach 2006 folgende Jahre. Seit 2007 zahlt das Land für die Grundsicherung eine pauschale Summe an die Landkreise, die über das Finanzausgleichgesetz ausgereicht wird. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes ist nun jedoch die Übernahme der tatsächlich von den Landkreisen erbrachten Leistungen klar gestellt worden. Somit steht vermutlich auch für 2007 eine Änderung des Auszahlungsmodus bevor.