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Linke Wirtschaftspolitik bleibt ein Rätsel

Pressemitteilung 123/2011

Pressemitteilung 123/2011

 

Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg hat eine Tabelle veröffentlicht, nach der die durchschnittlichen Arbeitsentgelte im Havelland die niedrigsten im Land Brandenburg sind. Daraufhin prangerte der Vorsitzende der Kreistagsfraktion der LINKEN, Harald Petzold, ein angeblich gesunkenes Wirtschaftswachstum an und forderte eine Korrektur der Wirtschaftsförderung (siehe MAZ "Westhavelländer" vom 28. Juli 2011 und MAZ "Havelländer" vom 29 Juli). Die Kritik weist der Wirtschaftsdezernent des Kreises Andreas Ernst entschieden zurück: "Im Gegensatz zu den Behauptungen arbeitet die kreisliche Wirtschaftsförderung unter den realen Bedingungen und angesichts der vorhandenen Entwicklungspotenziale des Havellands recht gut. Den Korrekturbedarf von Herrn Petzold in der lokalen Wirtschaftsförderung sehen wir nicht."

 

Dank einer guten Zusammenarbeit mit der kreislichen Handwerkerschaft, der Industrie- und Handelskammer und vor allem der ZAB als die für Wirtschaftsentwicklung prägende Landesgesellschaft gelangen und gelingen gemeinsam immer wieder Firmenexpansionen und Neuansiedlungen im Landkreis, wie unter anderem das derzeitige Engagement von "Zalando" oder der Panther-Gruppe im Havelland beweisen. Nicht nur deshalb ist die Forderung der LINKEN nach einem Dialog zur Korrektur der kreislichen Wirtschaftspolitik völlig unverständlich. "Die Diskussion zur Wirtschafts- und Branchenentwicklung hat im Wirtschaftsförderungsausschuss des Kreistags schon immer stattgefunden. Allerdings fällt hier die LINKE hauptsächlich mit ablehnenden Bemerkungen zu immer den gleichen Punkten - siehe Tourismus oder Schloss Ribbeck - anstatt mit konstruktiven Eigenbeiträgen auf." Herr Petzold, der in diesem Ausschuss noch nie tätig war, sollte auch nicht den Eindruck erwecken, dass über Diskussionen in Fachausschüssen ein umfassender Entwicklungs-Schub für hiesige Wirtschaftsentwicklung möglich wäre.

 

Im Übrigen beweist Herr Petzold in seiner Auswertung der Statistik sichtbar Wissenslücken: Die von ihm "ausgewertete" Statistik spricht von "Arbeitsentgelten", aus denen er die "Rote Laterne" bei den "Einkommen" im Havelland schlussfolgert. Dass zwischen den im Landkreis gezahlten durchschnittlichen "Arbeitsentgelten" und dem durchschnittlichen "Einkommen" der Havelländer ein Unterschied besteht, sollte aber gerade er, der sein "Einkommen" selbst auch nicht im Landkreis, sondern in Potsdam im Wirtschaftsministerium bezieht, eigentlich besser wissen.

 

Für die vergleichsweise niedrigeren im Landkreis gezahlten Arbeitsentgelte gibt es zudem Ursachen, die Herr Petzold außer Acht lässt. So hat das Havelland zum Beispiel keine nennenswerte Hochschul- und Institutslandschaft mit wissenschaftlichem Personalkörper, was sich statistisch auswirkt. Stattdessen bildet beispielsweise die Logistik ein starkes und stabiles Wirtschaftsstandbein, sie ist aber bekanntlich nicht dem Hochverdienstsektor zuzuordnen. Überhaupt entstanden im Havelland viele Beschäftigungsmöglichkeiten, die Arbeit auch für weniger Qualifizierte schaffen. Dies spiegelt sich zwar in einem durchschnittlich niedrigeren Lohnniveau wider, andererseits aber auch in den Arbeitslosenzahlen. Sie liegen im Havelland deutlich niedriger als in manchen Landkreisen mit hohem Arbeitsentgelt, aber mehr Menschen ohne geregeltem Einkommen. Insofern muss die Statistik differenziert ausgewertet und darf nicht zu einem polemischen Schnellschuss mit fragwürdigen Schlussfolgerungen genutzt werden.

 

Richtig ist, dass es in der verarbeitenden Industrie und Gewerbe mit hochqualifizierten Jobs weiter Entwicklungsbedarf gibt. Solche Industrien lassen sich jedoch in einem historisch landwirtschaftlich geprägten Kreis nicht aus dem Boden stampfen, sondern sind das Ergebnis langer und intensiver Arbeit. So entstand beispielsweise das Güterverkehrszentrum Berlin-West praktisch aus dem Nichts. Im Westhavelland litten die traditionellen Standorte Rathenow und Premnitz zunächst unter einem massiven Abbau von Industriearbeitsplätzen und mussten erst wieder durch ein Netzwerk von Akteuren, auch unter Beteiligung der kreislichen Wirtschaftsförderung, aufgebaut werden. Aktivitäten der LINKEN bei der Entwicklung dieser Standorte waren dabei nicht wahrnehmbar. "Wo sind denn übrigens konkrete Beiträge des von den LINKEN derzeit geführten Wirtschaftsministeriums im Havelland?", fragt daher auch Landrat Dr. Burkhard Schröder: "Es gab in den vergangenen zwei Jahren nicht ein Vorhaben, bei dem sich die Spitze des Ministeriums mit uns ins Benehmen gesetzt und uns von sich aus unterstützt hat." Dagegen kann der Landkreis Havelland in Zusammenarbeit mit Kommunen, Ministerialverwaltungen, Wirtschaftsverbänden und ZAB zahlreiche Beispiele vorweisen, in denen Unternehmensentwicklung aktiv vorangetrieben wurde.

 

Gleichwohl will sich die Kreisverwaltung der geforderten Diskussion um Wirtschaftspolitik und -förderung nicht verschließen, im Gegenteil. Diese Diskussion sollte aber konkret und sachbezogen sein. "Viel wichtiger als politische Statements im Sommerloch sind aus meiner Sicht deutliche landespolitische Impulse für die Region, gerade für die Wirtschaft. Nur fällt mir da nicht viel ein, was geschehen wäre", so der Landrat.